Kompass
Mit Wasserstoff Richtung Zukunft
Wo die Moleküle fließen können
Der Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft in Deutschland kommt in die Gänge: Mit dem Kernnetz entstehen wichtige Wasserstoff-„Autobahnen“, über die der Energieträger zu den Abnahmezentren gelangen kann.Verbrauchszentren anschließen, Verteilnetze umrüsten, Erzeugungsanlagen planen: Die Thüga-Gruppe bringt auf allen Netzebenen H2-Projekte voran.
Wie die Dekarbonisierung von Gasverteilnetzen gelingen kann, zeigt das Pilotprojekt H2Direkt im bayerischen Hohenwart. Dort haben Thüga, Energie Südbayern und Energienetze Bayern ein bestehendes Gasnetz mit zehn angeschlossenen Haushalten und einem Gewerbekunden erfolgreich auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt – bislang einmalig in Deutschland. Der Praxistest ist bestanden: Die Heizperiode verlief problemlos, auch bei frostigen Temperaturen. Im Verteilnetz waren keine Umrüstungen nötig, alle Bauteile waren bereits H2-tauglich. Lediglich die Gasthermen in den Haushalten mussten durch H2-ready-Brennwertgeräte ersetzt werden. Was in Hohenwart lokal funktioniert, lässt sich in größerem Maßstab auf andere Netzbereiche übertragen. H2Direkt wird als Teil des Leitprojekts TransHyDE mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.
H2Direkt im Rampenlicht:
- Ausgezeichnet mit dem Silbernen ZfK Nachhaltigkeits AWARD 2024 in der Kategorie „Energie“ und dem VKU-Innovationspreis 2025 in der Sparte „Kommunale Energiewirtschaft“
- Bislang 600 Besucher aus Politik und Wirtschaft, live oder via Webkonferenz, darunter internationale Delegationen aus Ägypten, Großbritannien und der OSZE
Grüner Wasserstoff aus grünem Strom
Sachsen-Anhalt – im Bundesvergleich auf Platz zwei bei der Windenergieleistung – setzt auf grünen Wasserstoff, um die Kluft zwischen schwankenden Erzeugungsmengen und Bedarf auszugleichen. Die Energieregion Staßfurt, mit Projektpartner Energie Mittelsachsen aus der Thüga-Gruppe und Stadtwerke Staßfurt als weiterem Mitgesellschafter, plant eine Windparkerweiterung und will einen fest definierten, möglichst konstanten Stromerzeugungsfahrplan nutzen, um per Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Dieser soll vor allem für den Antrieb von Bussen, Autos und Lkws zum Einsatz kommen, geplant ist der Bau einer H2-Tankstelle. Zunächst soll ein 1,5-MW-Elektrolyseur bis zu 130 Tonnen H2 pro Jahr erzeugen und nach Bedarf modular aufgestockt werden können. Derzeit gestalten die Beteiligten das Marktdesign, um Verfügbarkeit und Bedarf von H2 mengenmäßig und zeitlich zu synchronisieren. 2027 ist der Anschluss an das H2-Kernnetz „Green Octopus Mitteldeutschland“ geplant.
Die Thüga-Wasserstoffprojekte in Deutschland
Wo passiert was mit Wasserstoff in der Thüga-Gruppe – und in welchem Stadium ist es? Das sehen Sie hier kompakt auf der Karte. Die grünen Pfeile zeigen die Importkorridore, über die ein Teil des benötigten Wasserstoffs in Zukunft nach Deutschland gelangen soll.
Gemeinsam an einem Strang
So wichtig wie Produktion und Import von Wasserstoff ist seine Verteilung. Das Gemeinschaftsprojekt „Rh2ein-Main-Connect“ gilt als Vorbild für ein regionales Wasserstoff-Verteilnetz. Mit dabei sind die Thüga-Partnerunternehmen ESWE und Mainova sowie weitere hessische Energieversorger und Netzbetreiber. Im Verbund mit zwei Fernleitungsnetzbetreibern bringen sie das Verteilnetz in der Region auf den Weg, das rund 210 Kilometer lang sein wird. Dieses setzt sich aus circa 120 Kilometern Startnetz und circa 90 Kilometern Ausbaunetz zusammen. Ab 2030 soll das Rhein-Main-Gebiet bestenfalls durch mehrere Anbindungen an das bundesweite Kernnetz mit klimaneutralem Wasserstoff versorgt werden.
Umbau der Gasnetze
Das neue H2-Kernnetz wird sowohl aus Neubau-Pipelines als auch aus umgewidmeten Gasnetzen bestehen. Zwei Thüga-Partnerunternehmen beteiligen sich an vorderster Stelle am Aufbau dieser Transportinfrastruktur. badenovaNETZE trifft mit den Projekten RHYn Interco und H2@Hochrhein eine wichtige Entscheidung für die Transformation ihrer Gasnetze und setzt ein starkes Signal für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in der Region. In Nürnberg plant die N-ERGIE, eine 18 Kilometer lange Gasleitung umzubauen, damit direkt mit dem Start des H2-Kernnetzes Wasserstoff bis in das Stadtgebiet fließen kann und im N-ERGIE-Heizkraftwerk zur Verfügung steht.
Von der Bundesnetzagentur genehmigtes Wasserstoff-Kernnetz
Gesamtlänge: 9.040 Kilometer
Etwa 60% davon sind Leitungen, die von Erdgas auf H2 umgestellt werden, etwa 40% werden neu gebaut.
Sieht unspektakulär aus, ist aber ein Schlüsselelement zur Erzeugung von Wasserstoff: der Elektrolyseur
Regionale Erzeugung
Wie viel Überschussstrom kann zu Wasserstoff werden? Um das herauszufinden, untersucht die H2 Main-Tauber GmbH sechs Elektrolyseur-Standorte – Stadtwerk Tauberfranken und Stadtwerke Wertheim aus der Thüga-Gruppe sind beteiligt. Eine erste Machbarkeitsstudie für einen 5-MW-Elektrolyseur ist abgeschlossen. Grüner Wasserstoff soll produziert und entstehende Wärme per Netz im Gewerbegebiet verteilt werden, anfallender Sauerstoff bei der Optimierung von Kläranlagen helfen. Ideal: Der Main-Tauber-Kreis hat bereits die höchste Windraddichte in Baden-Württemberg. Weitere Wind- und PV-Anlagen entstehen, deren Strom – insbesondere Überschuss – für die regionale H2-Produktion eingesetzt werden soll. Ein Pilotprojekt ist in Vorbereitung und soll 2026 starten.
Starthilfen vor Ort
Ziel der Thüga-H2-Plattform ist es, die Mitglieder entlang der H2-Wertschöpfungskette zu unterstützen. 12 Partnerunternehmen sind dabei. Gerade in der frühen Phase des H2-Hochlaufs ist es wichtig, direkt vor Ort ins Handeln zu kommen – bei Erzeugung, Speichermöglichkeiten, Akquise von Fördermitteln oder Identifizierung potenzieller Abnehmer. Dabei ist die enge Zusammenarbeit mit regionalen Partnern und kommunalen Stakeholdern sehr wichtig. So entstand mit dem Energiewirtschaftlichen Institut (EWI) und E.ON eine Studie zum netzdienlichen Einsatz von Elektrolyseuren. Für Mitgliedsunternehmen der H2-Plattform wird eine „HyPotentials“-Datenbank möglicher Abnehmer erstellt.
Basisdaten Wasserstoff:
- Geschätzter Bedarf an kohlenstoffarmem Wasserstoff in Deutschland 2030: 40-130 TWh*
- Erwartete Importmengen 2035 nach Korridoren:
20-28 TWh aus Dänemark/Norwegen/UK, 18-32 TWh aus Südwest, 6-16 TWh aus Süd, 0-2 TWh aus Ost-/Südost, 12-14 TWh aus dem Ostseeraum; zusätzliche Mengen aus Niederlande/Belgien, die nicht beziffert sind (Thüga-Auswertung mehrerer Studien, plus Einschätzungen von Fernleitungsnetzbetreibern) - Importpreise für grünen H2: bis 2030 große Bandbreite, bis 2050 etwa 3 €/kg prognostiziert*
- Importpreis für blauen Wasserstoff 2030: 2,80 €/kg*
- H2-Kernnetz: 9.040 Leitungskilometer genehmigt
- Inbetriebnahme erster Kernnetz-Leitungen: 2025
- Verteilnetz: Bis 2030 Beginn der H2-Einspeisung in großen Teilen Deutschlands laut Gasnetzgebietstransformationsplan der Verteilnetzbetreiber
*Thüga-Auswertung mehrerer Studien