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Kompetenz

Neue Wege für die Wärme

Gashahn mit Rohrleitungssystem an Erdgastankstelle

Ab dem Jahr 2045 dürfen die Energieversorger nur noch klimaneutrale Brennstoffe durch ihre Netze leiten. Unter Deutschlands Straßen, Vorgärten und Parkplätzen nimmt deshalb gerade eine umfassende Transformation Fahrt auf: die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. Thüga und ihre Partnerunternehmen haben sich auf den Weg gemacht.

Auf eine Länge von rund 560.000 Kilometern bringen es die deutschen Gasverteilnetze. Sie versorgen derzeit über 21 Millionen Haushalte mit Heizenergie. Dazu kommen etwa 1,8 Millionen Endabnehmer aus Industrie und Gewerbe. Diese nutzen das Erdgas vor allem für ihre Produktions- und Betriebsprozesse. Spätestens am 1. Januar 2045 ist damit Schluss. Ab dann dürfen Energieversorger nur noch Brennstoffe wie klimaneutrales Methan oder Wasserstoff durchleiten. So steht es im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG).

Transformations­planung für jedes Wärmenetz

Die Leitplanken der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bilden das Wärmeplanungsgesetz (WPG) und das Gebäudeenergiegesetz (GEG). Städte und Gemeinden müssen in ihrer Kommunalen Wärmeplanung (KWP) festlegen, wo bestehende Netzabschnitte künftig für Wasserstoff genutzt werden und wo in neu aufgebauten Wärmenetzen heißes Wasser fließen wird. Einer Drehscheibe gleich stehen die Versorger im Mittelpunkt: Sie liefern den KWP-Entscheidern in den Kommunen oder deren Dienstleistern belastbare Zahlen, Daten, Fakten zu ihren Netzen. Andere sind in die KWP als Sparringspartner eingebunden. Zudem müssen Versorger für Wärmenetz- und Wasserstoffnetzausbaugebiete eine Transformationsplanung erstellen, die den Weg zur schrittweisen Dekarbonisierung der Wärmeversorgung erläutert.

Ein Bagger und ein Tiefbauarbeiter verlegen Wärmerohre unter der Straße einer Siedlung

Städte und Gemeinden legen in ihrer kommunalen Wärmeplanung fest, wo in neu aufgebauten Wärmenetzen künftig heißes Wasser fließen wird.

Immer der Wärme nach

Die Transformationspfade sollten sich deshalb an den vier Wärmeversorgungsgebieten des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) orientieren: Wärmenetzgebiete, in denen ein Wärmenetz besteht oder geplant ist und einen erheblichen Teil der Letztverbraucher versorgt. Gebiete für dezentrale Wärmeversorgung, die überwiegend nicht per Wärme- oder Gasnetz versorgt werden sollen, sondern etwa mit Wärmepumpen oder Pelletöfen. In beiden Fällen dürften die Gasnetze in Zukunft erheblich weniger ausgelastet, gegebenenfalls sogar überhaupt nicht mehr benötigt werden. In Wasserstoffnetzgebieten, wo die Wärmeerzeugung über ein (geplantes oder bestehendes) Wasserstoffnetz läuft, bietet sich die entsprechende Umstellung der Gasnetze an.

In den sogenannte Prüfgebieten ist die Lage aktuell noch unklar. Entweder, weil die erforderlichen Umstände für eine Klassifizierung in eine der drei anderen Wärmeversorgungsgebiete noch nicht bekannt sind. Oder weil ein erheblicher Anteil der Letztverbraucher auf andere Art mit Wärme versorgt werden soll, etwa leitungsgebunden durch grünes Methan. In diesem Fall bietet sich die Umstellung auf ein klimaneutrales Methannetz an.

Fit für H2

In Gasnetztransformationsplänen weisen Verteilnetzbetreiber aus, welche Abschnitte sie perspektivisch weiter benötigen und wie sich diese H2-ready machen lassen. Die Thüga unterstützt mit ihrem Beratungsangebot OptiStrat Wasserstoff. Dabei lassen sich gesamte Netzgebiete, Teilnetze oder einzelne Prüfgebiete betrachten.

OptiStrat Wasserstoff verfolgt zwei Ziele: die H2-Tauglichkeit von Gasbestandsnetzen zu ermitteln. Und ein zielgerichtetes, realisierbares Transformationsszenario vorzubereiten. „Zuerst erheben wir bei einem OptiStrat-H2-Projekt die nötigen Daten aus dem Geografischen Informationssystem und der Zählerverwaltung“, erklärt Klaus Zellhuber vom Thüga-Kompetenzteam Netzstrategie. „Im nächsten Schritt prüfen wir die Assets auf Wasserstofftauglichkeit. Welcher Stahl ist in den Leitungen verbaut? Welcher Anteil der Armaturen ist bereits H2-ready?“ Aus den Antworten ergeben sich belastbare Werte, mit denen die Unternehmen ihren H2-Transformationspfad erarbeiten, den Investitionsbedarf für ihr Gasnetz ermitteln sowie in die Feinplanung einsteigen können.

Panoramablick auf die Stadt Lindenberg im Allgäu

Die Stadtwerke Lindenberg haben mit einer Thüga-Kurzstudie eine erste Bewertung über die Transformationspotenziale für Fernwärme erstellt.

Allgäuer Wärmemix

Seit über 100 Jahren versorgen die Stadtwerke Lindenberg Teile des Allgäus mit Erdgas, Trinkwasser und regenerativer Energie. Ausgerechnet mit dem Ausstieg aus den fossilen Energien könnte nun ein neues Geschäftsfeld hinzukommen. Das zeigte ein gemeinsames Pilotprojekt mit der Thüga: In Lindenberg haben sich die Stadtwerke mit einem relevanten Stakeholder zusammengetan, der Wohnungsbaugesellschaft GKWG. Was sie verbindet: Die Stadtwerke dürfen spätestens ab dem 1. Januar 2045 kein fossiles Erdgas mehr durch ihr Netz leiten. Die Mieter der Wohnungsbaugesellschaft müssen perspektivisch 65 Prozent „grün“ heizen.

Neues Wärmenetz im Visier

Mehrere Hundert GKWG-Wohnungen beliefert die Thüga Energienetze, außerdem zwei Schulen sowie eine geplante neue Kindertagesstätte. Unweit davon produziert die Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH Fahrwerke sowie Flugsteuerungs- und Betätigungssysteme für Luftfahrzeuge. „Ein solches Setting bietet sich natürlich für eine genauere Wärmenetz-Betrachtung an“, sagt Markus Mischke, Geschäftsführer der Lindenberger Stadtwerke. Es entstand die Idee, eine zentrale Versorgung des fast gesamten Stadtteils zu prüfen und eine erste Einschätzung durch eine Kurzstudie mit der Thüga einzuholen.

Die Zielsetzung: ein mögliches Wärmeversorgungskonzept für den Stadtteil zu erarbeiten und neben den technischen Inhalten eine Wärmeabsatzprognose sowie eine erste Wirtschaftlichkeitsrechnung durchzuführen.

Das wichtigste Ergebnis

Ein neues Wärmenetz ist prinzipiell realisierbar. Bei den Energieträgern deutet vieles auf einen Mix aus Luft-Wasser-Wärmepumpen, Hackschnitzelanlagen sowie „Power2Heat“ hin. Eine konkrete Machbarkeitsstudie nach BEW erfolgt nun mit der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien IEG. Dass die Tage von mehreren ländlicheren Abschnitten des bisherigen Erdgasverteilnetzes um Lindenberg gezählt sind, ist bei den Stadtwerken kein Geheimnis.

Im Stadtgebiet selbst ist die Anschlussnutzung mit grünem Wasserstoff Thema. „Und in der dicht bebauten Innenstadt sehen wir durchaus Potenzial für ein weiteres neues Wärmenetz.“ Insbesondere Fernwärmenetze gelten erst ab einer relativ hohen Absatzdichte als rentabel.

Gemeinsam in die Zukunft